17.03.2005 Drei Leichtverletzte nach Zimmerbrand im Pfahlhotel
72 Gäste vorübergehend in die Tennishalle evakuiert - Lob für reibungslosen Einsatz von 300 Rettungskräften - Betrieb geht weiter
von Gunther Schlamminger
Viechtach. Am Morgen danach läuft wieder alles ganz normal. In der Hotelhalle sitzen ein paar Gäste, ein Ehepaar lässt sich an der Rezeption beraten. Im Frühstücksraum bedienen sich andere am reichhaltigen Büfett. Kaum vorstellbar, dass das Sporthotel „Am Pfahl“ nur neun Stunden vorher in der Nacht zum gestrigen Donnerstag nur knapp an einer größeren Katastrophe vorbeigeschrammt ist (siehe auch Seite 7 im Bayern-Teil).
Es war kurz nach Mitternacht, als eine Bedienung in der Bibliothek im ersten Stock Feuer feststellte. Um 20 vor elf war sie das letzte Mal hier vorbei gekommen, da war noch nichts zu sehen, erläuterte gestern Vormittag Hotelpächter Markus Fischer. Der Leseraum befindet sich über der Eingangshalle unmittelbar im Anschluss an das Treppenhaus, aus ihm führen drei Flure zu den insgesamt 15 Gästezimmern auf diesem Stockwerk.
Kurz nachdem um 0.19 Uhr der Alarm bei der Viechtacher Polizei eingegangen war, waren die ersten Feuerwehrleute vor Ort. Sie sahen den Feuerschein hinter den Fenstern über der Eingangstür. Während Atemschutzträger durch das Treppenhaus mit einem C-Rohr die Brandbekämpfung aufnahmen und das Feuer rasch unter Kontrolle hatten, kümmerten sich die übrigen Einsatzkräfte um die Hotelgäste, schilderte Kreisbrandmeister Johann Achatz für die Pressestelle der Kreisbrandinspektion.
Vor Ort waren zunächst Feuerwehrleute aus Viechtach, Blossersberg und Schlatzendorf. Später wurde Alarmstufe 3 ausgelöst, weshalb auch die Feuerwehren aus Tresdorf, Pirka, Schönau, Wiesing, Kollnburg und Prackenbach sowie die Wärmebildkameras aus Kötzting und Regen nachalarmiert wurden. Insgesamt waren 220 Feuerwehrleute mit 22 Einsatzfahrzeugen vor Ort. Zum Einsatz kamen 30 Atemschutzgeräte und ein Überdrucklüfter.
Systematisch durchsuchten Atemschutzträger die Zimmer. Es befanden sich 72 Gäste im Alter von 25 bis 60 Jahren in dem 220-Betten-Haus. Trotz Feuersirene und Einsatzlärm hatten etliche noch tief geschlafen. Sie wurden von den Feuerwehrleuten geweckt und in die zum Hotel gehörende Tennishalle gebracht. Schwierigkeiten machte das verqualmte Treppenhaus, weshalb 28 Gäste, die in den Stockwerken über dem Brandherd untergebracht waren, zunächst auf ihren Zimmern bleiben mussten. Erst als das Treppenhaus nach einer Stunde rauchfrei war, konnten sie aus dem Gebäude gebracht werden.
Das Rote Kreuz hatte alle Rettungswagen aus Viechtach, Regen, Zwiesel und Kötzting alarmiert. Zusätzlich waren die Schnelleinsatzgruppen des gesamten Landkreisgebietes mit 46 ehrenamtlichen Sanitätern und 21 Rettungsfahrzeugen vor Ort. Drei Notärzte kümmerten sich in der Tennishalle um die Gäste, mussten aber nicht größer eingreifen. Mit Ausnahme von zwei Gästen und einem Hotel-Praktikanten, die wegen Anzeichen von Rauchvergiftung vorsorglich ins Krankenhaus Viechtach gebracht wurden, war niemand verletzt. Auch diese drei Personen konnten noch im Laufe der Nacht wieder entlassen werden.
„Wir haben alle narrisch Glück gehabt“, sagte gestern Franz Lobmeier vom BRK, der zusammen mit Franz Obermeier den Einsatz der Rettungsdienste koordiniert hatte. Unterstützt wurden sie vom örtlichen BRK-Einsatzleiter Franz Ertl, Rettungsdienstleiter Alfred Aulinger und dem Leitenden Notarzt Dr. Willi Seubert vom Krankenhaus Zwiesel, der in der Nacht ebenfalls Dienst hatte und nach Viechtach geeilt war. Weitere Ärzte hätten bei Bedarf alarmiert werden können, versicherte Lobmeier. Vor Ort waren auch Polizisten aus Viechtach, Regen, Deggendorf, Bogen und Kötzting.
Feuerwehrleute begleiteten die Gäste zur Tennishalle. Dort stellte sich der evangelisch-lutherische Pfarrer Ernst-Martin Kittelmann als Notfallseelsorger zur Verfügung. Er schilderte gestern die Situation in der Halle als ruhig. Nur wenige Urlauber seien aufgelöst gewesen, sie hätten sich aber bald wieder beruhigt. Ihnen habe er zum Reden zur Verfügung gestanden.
Als nach zwei Stunden alles vorüber war, war klar, dass sowohl in den vierten Stock als auch in die darüber liegenden Zimmer keine Urlauber mehr einziehen sollten. Die Gäste wurden in freie Zimmer in den Stockwerken eins bis drei umquartiert. Feuerwehrleute halfen beim Umzug.
Sowohl im Hotel als auch bei den Einsatzkräften wurde der Ablauf der Rettungsaktion gelobt. „Das lief alles Hand in Hand“, sagte Viechtachs Polizei-Chef Ludwig Weikl. Und Bürgermeister Georg Bruckner lobte neben den Einsatzkräften vor allem die Gäste: „Mein Respekt, die waren alle sehr tapfer“.
Ermittlungsergebnisse wurden gestern nicht mehr bekannt gegeben. Polizei-Pressesprecher Klaus Pickel war es aber ein Anliegen, das besonnene Vorgehen der am Rettungseinsatz Beteiligten hervorzuheben. Er sprach von einem „Positivbeispiel für einen solch erheblichen Rettungseinsatz“.
„Wir hatten noch Glück im Unglück, der Betrieb kann in jedem Fall weitergehen“, blickte gestern Markus Fischer, der Pächter des Sporthotels „Am Pfahl“ nach vorn. Sehr verständnisvoll hätten die aus ganz Deutschland stammenden Gäste reagiert, keiner sei vorzeitig abgereist. Die Hoteleinrichtungen, sei es das Restaurant oder auch das Hallenbad, könnten weiter genutzt werden. Lediglich die vierte Etage mit ihren 15 Zimmern wird einige Tage geschlossen bleiben.
Spätestens bis zum Osterwochenende soll vom Brand nichts mehr zu sehen sein. Schon am morgigen Samstag werden weitere Gäste erwartet, 110 Urlauber sollen dann ihren Osterurlaub in der Hotelanlage unterhalb des Pfahlmassivs genießen können als wenn nichts passiert wäre.